Da ist es passiert. Die Firmensprache ist plötzlich Englisch. Du hast Dich hartnäckig dagegen gewehrt. Der Betriebsrat hat vergeblich darauf gepocht, dass die Firmensprache bitte schön Deutsch zu bleiben hat. Es wurde trotzdem angekündigt, durchgesetzt und der Tag x ist auf einmal da: Dokumente, Präsentationen und Anweisungen sind nur noch auf Englisch verfügbar. Meetings in MS_Teams sind auf plötzlich auf Englisch. Und schon geht das mulmige Gefühl der letzten Wochen in leichte Panik über.
Wie soll man den Berufsalltag bitte schön auf Englisch umsetzen? In der Schule war man vielleicht gar nicht so schlecht, aber das ist ja auch schon wieder gefühlte oder tatsächlich Jahrzehnte her. Und man hat hier schließlich einen komplizierten Job zu machen. Ist dem Management da eigentlich bewusst, was es da voraussetzt? Jeder spricht heutzutage Englisch- heißt es. Ja, schon klar. Die Frage ist nur wie gut?
Denn das Spektrum ist in deutschen Firmen tatsächlich riesig. Natürlich gibt es viele Mitarbeiter/Innen, die sehr gut Englisch sprechen. Diese müssen aber auch komplizierte Inhalte auf Englisch rüberbringen können: Kunden überzeugen, technischen Service leisten, Prozesse weltweit vereinheitlichen etc. Aber auch diese Mitarbeiter sind sich ihrer Englischkenntnisse alles andere als sicher. Auch diese empfinden sich selbst als nur halb so überzeugend wie in ihrer Muttersprache – einfach, weil der Wortschatz eingeschränkt ist.
Und auf der anderen Seite des Spektrums? Es gibt viele, die sich mehr schlecht als recht durchwurschteln. Die mit mehr Selbstbewusstsein sprechen mit vielen Fehlern und abgespeckten Inhalten. Die mit wenig Selbstbewusstsein lassen lieber einen Kollegen/In ans Telefon gehen, wenn es eine internationale Nummer anzeigt.
Was ist eigentlich mit denen, die noch nie Englisch hatten? Ja, ganz richtig gelesen. Die, die noch nie Englisch hatten! Eine Minderheit - keine Frage. Aber als Gruppe zu groß, als dass man sie ignorieren könnte. Mitarbeiter/Innen, die z.B. in der ehemaligen DDR groß geworden oder aus der ehemaligen Sowjetunion kommen. Diese Gruppe fällt gar nicht auf, weil man diesen Mangel am liebsten versteckt.
Gut, dann muss halt geschult werden. Kein Drama. An der Sprachschule profitieren wir davon natürlich ungemein. Aber legen wir die sprachliche Seite mal einen Moment zur Seite und sprechen über die Inhalte eines jeden Jobs. Hier reicht es nicht grob zu verstehen, sondern es muss im Detail verstanden werden, wie neues Personal eingestellt werden soll, wie technische Verfahrensregeln umzusetzen sind und wie Zahlungen zukünftig verbucht werden sollen. Langjährige Mitarbeiter/Innen – Experten auf ihrem Gebiet- verstehen die englischsprachigen Anweisungen dann nur halb und verbringen viel Zeit damit jemanden zu finden, der weiß, wie dies oder jenes zu verstehen oder zu interpretieren ist. In Konferenzen herrscht plötzlich betretendes Schweigen, weil man damit beschäftigt ist, überhaupt das Thema zu verstehen - geschweige denn das rauszuziehen, was für den eigenen Job wichtig ist.
Heißt das nun, dass die Firmensprache nicht Englisch sein sollte? Natürlich nicht. Es gibt gute Gründe dafür. Mitarbeiter/Innen an ausländischen Standorten fühlen sich besser eingebunden und können die Blackbox namens Firmenzentrale besser verstehen. Dadurch ist man den internationalen Kunden oftmals viel näher. Die Hoffnung ist einfach groß, dass man über den ganzen Prozess einheitlicher und effizienter kommunizieren kann.
Nur ist dieser Prozess kein Selbstläufer. Einige Firmen stellen noch nicht mal die Sprachkurse zur Verfügung, sondern setzen die Verbesserung der Englischkenntnisse in Eigenregie voraus.
Unterschätzt wird völlig wie viel inhaltliche Tiefe in der ersten Zeit verloren geht. Man muss sich bewusst machen, dass in einer Fremdsprache weniger komplex oder weniger überzeugend kommuniziert wird. Genauso können Inhalte „lost in translation“ sein und das Management wird Zeit einplanen müssen, um Dinge zu erklären, die man vorher womöglich nicht gebraucht hätte.
Am wichtigsten ist, dass sich die Organisation die Zeit nimmt diese Transformation durchzuführen und der Versuchung widersteht sie nebenbei umsetzen zu wollen.
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